Was ist das Problem mit Patriotismus?

Bei dem Wort Patriotismus denken Leute häufig an US-amerikanische Rednecks, die Donald Trump wählen und schlechtes Bier trinken. Sie sind stolz darauf Amerikaner*innen zu sein und geben dies gerne mit US-Flaggen im Vordergarten preis. Doch das ist eine überspitzte Vorstellung dieses Begriffs, denn auch im europäischen Liberalismus findet man ähnliche Tendenzen. Zur Fussball WM sind sich alle einig: Mein Land muss um jeden Preis gewinnen. Deutschlandfahnen schweben im sommerlichen Wind und tänzeln zum Beat von schlechtem Schlager. Die EU ist eine weitere Obsession geworden für Liberale und Start Up Unternehmer, wie Nicole Schöndorfer in ihrem Podcast "Darf Sie Das? - Folge 40, beschreibt. Die Geschehnisse in Griechenland lassen jedoch noch einmal wachrütteln, was der Patriotismus auch tut: Unterstützt werden Länder und Staatenverbunde, die keine Scheu zeigen, wenn sie Menschen umbringen.

Wir sind aufgewachsen in einer Welt, wo unsere stärkste Verbindung ein Nationalstaat ist. Dabei ist der Staat in unserem ganzen Leben: In der Schule lesen wir die wichtigsten Autor*innen der Nation, wir benutzen regelmäßig Wörter, die vom Nationalismus geprägt sind wie "international". Die Welt ist aufgeteilt nach diesem Konzept. So fällt es uns in Momenten wie diesen schwerer zu erkennen, dass dies eben nur ein Konzept ist wie Eric J. Hobsbawn in seinem Buch "Nationen und Nationalismus" bereits treffend formuliert. Nationalismus zeigt seine Schattenseiten dann, wenn man tiefer in die Materie geht. Denn was er unweigerlich fördert, sind Ideologien, die darauf beruhen sich selbst als höherwertig zu sehen als andere. Dies kann schon in Witzen seine Ausprägung zeigen: Wie oft haben wir schon Witze über Franzosen oder Italiener gehört? Im schlimmsten Fall aber (und es ist nur eine Weiterführung der Witze) kann sich das in aggressiven Handlungen, wie etwa in Hanau äußern.

"Aber mal ganz langsam", mögen vielleicht einige Patrioten an dieser Stelle denken: "Hitler war voll schlimm und so, aber man darf ja wohl noch sein Land lieben!" Das ist genau das Problem mit Patriotismus. Wer nämlich genau so denkt, wird auch immer denken wie viel besser sein/ihr Land ist. Patriotismus ist damit im Grunde Nationalismus in grün. Christian Jansen und Henning Borggräfe formulieren es in ihrem Buch "Nation. Nationalität. Nationalismus." wie folgt:

"Jeder Nationalismus strebt neben politischer Emanzipation Machtzuwachs auf Kosten anderer Völker und Nationen an. Nationalistisches Denken geht immer von der Höherwertigkeit der eigenen Nation aus." (Borggräfe/Henning 2007, S.35) 

Die Liebe zur Nation wird unweigerlich einen Hass zu anderen bedeuten. Dabei sind Rassismus, Antisemitismus Ausgrenzung, Hass und Regressionen (fast) immer eine Konsequenz dieser Denkweise. Denn man ist selbst doch immer am besten, oder?

Deswegen ist besonders wichtig sich zu fragen: Will ich wirklich ein Patriot*in sein und einerseits eine Nation unterstützen, dessen Grundpfeiler auf Ungleichheit beruht und andererseits mich selbst zum Mittäter*in machen? Es ist eine wichtige Frage, die sich nicht genug Leute stellen, auch nicht, wenn radikale Nationalisten den Diskurs übernehmen.

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