Eine Ode an die Kellner*innen unserer Welt

Wieso regen wir uns auf, wenn Kellner*innen kein Lächeln aufsetzen oder sich gar unhöflich benehmen? Gerade hatten wir einen langen, harten Tag als Arbeitnehmer und wollen uns mit einem Kaffee in der Pause entspannen. Doch wenn die Kellnerin sich schon so doof benimmt ist damit der ganze Tag gelaufen. Im schlimmsten Fall, wenn auch noch Trinkgeld verlangt wird, da platzt der Kragen. Wir ertränken unseren Frust in wütenden Tweets, die nach Bürgerlichkeit riechen.

Als Gast bewerten wir den Menschen als Service-Mitarbeiter*in und mehr nicht. Dass dieser Mensch in erster Linie ein Mensch ist, das kommt den wenigsten in den Sinn, wenn wir diesen einen Kaffee bestellen. Das heißt, sobald der/die Kassierer*in ihren Auftrag als Service Mitarbeiter*in ablegt und Gefühle zeigt, sehen wir nur noch eine nicht funktionierende Maschinerie. Das hatte Sartre bereits einmal festgestellt. Sartre sieht aber ein weiteres Problem: Er fragt, wieso der Kellner sich selbst in diese Position katapultiert. Die Lösung ist im Grunde ganz einfach: das kapitalistische Denken funktioniert an dieser Stelle einwandfrei, denn beide Seiten bemühen sich ihre Rolle als Gast oder Servicekraft zu erfüllen. Somit gewinnt der Kapitalismus Macht über den Menschen selbst, der sich ihr ohne Fragen zu stellen unterordnet. 
Wieso ist das denn überhaupt unmenschlich? Wenn beide Seiten doch einvernehmlich handeln? Eben weil beide Seiten bestätigen, dass die Rolle des Kellners wichtiger ist als die des Menschen. Der Mensch wird seiner Menschlichkeit beraubt, er/sie ist ein weiteres Opfer des Kapitals. Seine/Ihre Identität wird in diesen Momenten aufgehoben, denn der Mensch ist verschwunden: geblieben ist ein Kellner. 

Der Gegner des Menschen, der die Rolle des Kellners ausübt ist die Tradition. „Das war doch schon immer so.“ Dieses Argument, welches darauf basiert, dass Geschichte und Erfahrung uns prägt ist leider der Sumpf aus dem wir uns nicht befreien können. Wir hängen an „Traditionen“ um uns nicht damit konfrontieren zu müssen was die Realität ist, nämlich die Gegenwart (egal wie man diese definieren will). Wir hängen an Goethe (obwohl er überbewertet ist) und wollen halt, dass der Herr Kellner uns gut behandeln, weil es seine Aufgabe sein muss ein guter Kellner zu sein, egal wie er sich tatsächlich fühlt. 

Was wäre die Lösung für ein Problem wie dieses? Vielleicht die Freiheit Menschen Mensch sein zu lassen. Keinen dafür zu verurteilen nur weil er/sie lustlos ist. Sich auf Twitter nicht mehr lautstark zu beschweren. Faulheit positiv zu besetzen. Nachsichtiger sein. Einfach ein wenig menschlicher halt.

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